Rückblick: VSH – Seminar in Küssnacht


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Züchterseminar in Küssnacht am Rigi, Schweiz;
2. bis 4 September 2016
Referent: Job van Praagh
Teilnehmer: Belegstellenbeschicker der deutschen und französischen Schweiz

Freitagabend
In einem ersten Block führte uns Job van Praagh in das Einmaleins der Bienengenetik ein. Manches war bekannt, doch für viele war die Konklusion, dass man bei der Bienenzüchtung gleichviel Glück wie bei einer Lotterie braucht, neu.
Anschaulich mit vielen Grafiken unterlegt zeigte Job van Praagh uns die Folgen der Reduktionsteilung. Eine Drohne produziert aufgrund der 1 x 16 Chromosomen 216 = 65.536 „theoretisch verschiedene“ Spermien. Wenn 20 Drohnen eine Königin besamen, stehen 1.310.720 (20 x 65.536) mögliche Spermien zur Verfügung, mit denen die Königin ihre Eier befruchten kann. Dies sind mehr Möglichkeiten, als die Königin je Eier legen wird. Diese unglaubliche Vielfalt macht die Lenkung der Zucht schwierig. Schon bei der Auswahl der Zuchtmade steht der Imker vor mehr als einer Million Möglichkeiten, die für ihn nicht erkennbar sind.

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Samstagmorgen
Was geschieht, wenn ein Bienenvolk Inzuchtschäden zeigt? Diese grosse Angst der Bienenzüchter und wie man die Inzucht vermeidet, war das nächste Thema.
Anhand der Sex-Allele zeigte uns Job van Praagh grafisch den Weg in die Inzucht. Dass diese durch Linienzucht eher erreicht wird, als durch Poolbegattung, liegt in der Natur der Biene.
In der Schweiz haben Imker in der Regel wenige Völker pro Linie. Daher werden die Buckfast-Belegstellen mit den besten Drohnenvölkern verschiedener Imker beschickt. So wird eine breit abgestützte Poolbegattung garantiert.
In zukünftigen Projekten sollte zur Bekämpfung der Varroa auch VSH als Kriterium bei der Auswahl von Drohnenvölkern berücksichtigt werden.

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Samstagnachmittag
Der praktische Teil stand an. Die Teilnehmer hatten Waben mit schlupfreifen Larven mitgebracht. Diese waren nicht gegen die Varroamilben behandelt worden. Zudem gab es Lupen und Pinzetten.
Wir ergänzten unser Wissen über das Auszählen der Varroamilben mit Fotografien, bei denen Jürgen Brausse über die Schulter geschaut wurde. Dann öffneten wir jeweils hundert Zellen und zählten die adulten Milben, die sich nicht vermehrt hatten, sowie diejenigen, die sich vermehrt hatten.
Das VSH-Verhalten der Völker kann als das Verhältnis zwischen der Anzahl Zellen mit einer sich vermehrenden Varroa und der Gesamtzahl befallener Zellen beziffert werden. Man öffnet mindestens 100 Zellen, um einen einigermaßen soliden Wert zu erhalten.
Das Resultat muss umsichtig interpretiert werden, da neben VSH noch andere Ursachen die Varroavermehrung beeinflussen können. Um sicher zu gehen, dass der Varroabefall aufgrund des VSH so gering ist, muss, wie im Sommer 2015, unter Umständen auch auf die Infos der Eltern zurückgegriffen werden.
Neben gutem Licht und interessierten Imkern braucht diese Tätigkeit eine Engelsgeduld.

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Samstag Vorabend
Nach dem arbeitsintensiven Nachmittag folgte ein Abstecher zu einem Bienenstand, der ein herrliches Panorama auf den Vierwaldstättersee und die Berge der Zentralschweiz bot. Bei einem Umtrunk verköstigten uns Margreet, Carmen und Ida aufs Beste. Herzlichen Dank an dieser Stelle.

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Samstagabend
Am Samstagabend wurden umsetzungstechnische Fragen diskutiert. Wie kann man in der Schweiz ein VSH-Programm starten? Wann müssen welchen Arbeiten erledigt werden? Wo soll die Varroa-Auszählung stattfinden? Wie muss eine Gebirgsbelegstelle beschickt werden, um erste Erfolge zu erzielen?
In diesem Zusammenhang illustrierte Job van Praagh mit einigen Grafiken, dass die Reinpaarung eine durchschnittlich höhere Verwandtschaft mit sich bringt als die Zucht mit Dröhnerichen aus unterschiedlichen Völkern.
Welche Chancen, aber auch Gefahren, stellt die künstliche Besamung in diesem Zusammenhang dar? Vielleicht gewinnen wir VSH, aber welche Eigenschaften verlieren wir durch die genetische Verengung?

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Sonntagmorgen
Dank einer Repetition der Grundlagen der Genetik konnten Unsicherheiten ausgeräumt werden.
Job van Praagh informierte uns über die Situation in Europa:

  • Wer macht in Europa zurzeit was in Bezug auf VSH?
  • Mit welchen Verfahren wird gearbeitet (natürliche Selektion auf der Insel; Eindrohnbesamung; Züchterring oder Arista Bee Research, etc.)?
  • Wohin geht der Weg der Bienenzüchtung?
  • Wohin führt uns unsere Züchtung der Buckfastbiene?

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Sonntagnachmittag
In einem zweistündigen Abschluss diskutierten wir Themen, die die Teilnehmer einbrachten.

  • Welche Farbe hat die Buckfastbiene?
  • Kann eine Landbelegstelle den gewünschten Erfolg bringen?
  • Ist künstliche Besamung mittelfristig ohne Gefahr einsetzbar?
  • Und noch vieles mehr.

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Es war ein herrlich intensives Imkerwochenende, das allen Teilnehmern neue Einsichten und Ansichten gebracht hat.
Ganz herzlich danken möchten ich und all meine Kollegen dem Referenten Job van Praagh.

Es ist nicht selbstverständlich, dass er uns Imker besucht und weiterbildet. Ganz zu schweigen davon, dass er alles auf Deutsch und Französisch erklärte.

Dierikon, 18. September 2016
Georges Biland

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